22.02.2014
Denn wie könnte man ein solches Buch bewerten?
Und nun hat sie ihre Geschichte weiter in Worte gefasst und teilt sie mit uns. Ebenso wortgewaltig und aufrüttelnd - eigentlich wie gewohnt.
Danke dafür. Danke, dass du uns vor Augen führst, was wir so schnell vergessen und übersehen in dieser schnellen Zeit.
"Mit sechs wiederholt vergewaltigt, mit 13 an Magersucht erkrankt, mit 21 ausgerechnet in einem Bordell Zuflucht gesucht: Lilly Lindners wortgewaltige Autobiographie "Splitterfasernackt" nahm unzähligen Menschen den Atem. In "Winterwassertief" erzählt sie, was danach kam: Von der Schwierigkeit, mit ihrer nackten Geschichte plötzlich in der Öffentlichkeit zu stehen, von den gewaltsamen Erinnerungen, die sie immer wieder einholen, von ihrem Kampf gegen 'Ana' - die Magersucht. Aber sie erzählt auch von den berührenden Begegnungen, die sie hatte: mit Menschen, die ähnliche Schicksale haben wie sie, die sich ihr anvertrauen und denen sie mit ihren Worten helfen konnte. Für Lilly Lindner wurde der Schritt in die Öffentlichkeit zur Zerreißprobe. Am Ende ist sie daran gewachsen und schöpft heute Kraft daraus, für andere da zu sein, zuzuhören und Mut zu machen." (innerer Klappentext)
Lilly Lindner ist eine Autorin die wirklich etwas zu sagen hat, die eine Geschichte zu erzählen und Gedanken mitzugeben hat. Das wird vermutlich jeder bestätigen können, der auch nur eines ihrer Werke gelesen hat.
Sie zieht einen mit, zeigt einem das auf, was in ihr vorgeht. Und damit verursacht sie mehr als einmal Gänsehaut, plötzlich aufkeimende Gedanken von beinahe ungewohnter Tiefe und aufsteigende Tränen. Es ist einfach immer wieder auf's Neue so schwierig zu begreifen, wie etwas solches einem Mädchen, einer Frau angetan werden kann. Und es ist unvorstellbar, wie es ist damit zu leben. Und genau davon erzählt sie.
"Ich wusste: Worte sind zum Sätze machen da.
Und wenn man keine Stimme hat.
Dann nimmt man eben Papier."
- Seite 15
"Winterwassertief" hat diverse Male gezeigt, wie Lillys Veröffentlichung ihrer Selbst Menschen hilft eine Stimme zu finden, sie macht Menschen Mut und Hoffnung. Und nicht nur dafür hat sie meinen Respekt und meine Bewunderung.
Es sind nicht nur die großen, offensichtlichen Dinge in diesem Buch, die einem die Augen ein Stück weiter öffnen und dazu bringen zu hinterfragen und nachzudenken, sondern auch die ganz vielen, fast wie nebenbei eingeschobenen Dinge. Zum Beispiel besondere Menschen denen sie begegnet, mit denen sie Gespräche führt; die Kinder, Chase, Lady, Harry. Sie alle.
Das Buch ist wieder gefüllt mit schockierenden Momenten und zu Tränen rührenden Augenblicken, aber auch mit den Schönen. Und während man liest hat man das Gefühl sie alle vor sich zu sehen.
"Einmal im Leben will ich atmen wie du,
damit ich weiß, was es bedeutet,
bei mir zu sein,
ohne zu wissen, wie es ist,
ich zu sein."
- Seite 28
Lillys Worte sind eine Herausforderung für den Verstand, egal wie groß er zu sein meint. Und auch die Bedeutung ihrer den Verstand herausfordernden Worte ist kaum zu begreifen, so tief schneidet sie ein in die Gedanken. Sie machen einen aufmerksamer, achtsamer und denkender.
Alle ihrer Worte sind glasklar, wenn auch nicht klar zu durchschauen.
Vieles habe ich ein zweites und ein drittes Mal gelesen, bis ich vielleicht verstand, was da geschrieben steht. Ihre Kunst mit Worten umzugehen ist einfach nur beeindruckend. Sie hat die Gabe mit ihren Worten allerhand Emotionen zu erzeugen und den lesenden Menschen ganz tief zu berühren.
"(...) and you will grow, you will grow
into a beautiful soul, (...)"
- Seite 356
Wie auch ihr Literaturagent Harry, wünsche ich mir, dass Lilly eine schönere Geschichte erlebt hätte. Doch das hat sie nicht. Aber sie hat bestanden gegen die Zeit. Sie ist noch da, obwohl sie es so oft nicht mehr wollte. Und heute, heute geht sie an Schulen und erzählt und berichtet und ist für viele zur eigenen Stimme geworden. Danke für diesen erneuten Einblick.
Eure <3