Sie läuft, immer weiter, beachtet ihre
Umgebung gar nicht, sie ist zu beschäftigt nicht zu stolpern und
ihnen dann in die Hände zu fallen, dann wäre alles umsonst gewesen.
Sie weiß, sie befindet sich in dichtem
Wald, immer wieder schlagen ihr Äste ins Gesicht, verhaken sich die
knorrigen Arme in ihrer Kleidung und schlitzen ihre Haut auf.
Aber als Profi, oder eher gesagt als
Jemand, dem es wichtig ist nicht zu versagen, ignoriert sie die
eisige Kälte die in ihre Wunden eindringt und unter ihre Kleidung
kriecht.
Sie beißt die Zähne zusammen und
läuft weiter, noch schneller. Ihr Herz hämmert, ihr scheint es
unmöglich nicht gehört zu werden.
Weiter, nur weiter, über trockene
Blätter und störrige Äste, vorbei an dem Tau auf den Blättern und
Knospen.
Durch die Lücken im löchrigen
Blätterdach kann man den tiefblauen Himmel sehen, dass er sich wie
ein großes Tuch über die Wälder, Städte und Landschaften spannt.
Ihre Umgebung droht zu verschwimmen,
oder dass, was man als dunkle Silhouetten ausmachen konnte, so
schnell kommt sie sich vor.
Fliegt sie schon? Durch diese Frage
entsteht ein Riss in ihrer Konzentration, die sie eigentlich auf die
Aufgabe gerichtet hatte nicht zu stürzen und Verletzungen davon zu
tragen.
Und dann fliegt sie, aber nicht
engelsgleich in den Luft und hinaus aus dem Wald entgegen dem Himmel;
unsanft landet sie auf dem Bauch auf dem kalten, harten Boden. Im
Moment des Aufpralls weicht alle Luft aus ihren Lungen, verlässt sie
wie die Luft einen geplatzten Luftballon.
Für einen Moment hört sie ein Piepen
in ihrem Ohr, hört ihren stoßweise gehenden Atem. Sie dreht den
Kopf, dann ist der Moment vorbei. Luft strömt wie ein gut tuender
Wasserfall in ihre Lungen.
Ihre Knochen schmerzen, Äste haben
sich in ihre Haut gebohrt, haben sie aufgeschlitzt.
Sie stützt sich auf die Arme, wendet
den Kopf, und da hört sie sie.
Für einen Moment überlegt sie sich
wieder hinzulegen und ins Gebüsch zu rollen, aber dann wäre sie
geliefert, die Männer würden sie finden, und dann wäre alles
vorbei.
Die Schritte kommen näher. Nun gilt es
sich zu beeilen.
Sie rappelt sich hoch, stemmt sich auf
die Füße und befühlt sicherheitshalber noch einmal den Beutel an
ihren Gürtel. Alles noch da, gut.
Sie fängt wieder an zu laufen, etwas
langsamer, ihr Knöchel schmerzt, aber sie muss die Zähne
zusammenbeißen und darf nicht zögern.
Um sich von dem Schmerz abzulenken
konzentriert sie sich wieder darauf leise und schnell zu laufen.
Bei jedem Knacken, das zu ihr
durchdringt zuckt sie zusammen.
Nein, du bist zu weit gekommen, um
jetzt zu scheitern!, denkt sie und dieser Gedanke gibt ihr neue Kraft
den Schmerz zu ignorieren und nochmal an Tempo zuzulegen.
Sie hört die Schritte und das Gemurmel
der Männer viel deutlicher als am Anfang, ein schlechtes Zeichen,
sie hat viel Zeit verloren.
Der Wald lockert sich auf, sie kommt
der Grenze, welche den Wald von den Wiesen und Feldern trennt immer
näher, und somit auch der Gefahrenzone, in der sie leichter entdeckt
werden kann.
Dann durchbricht sie den Wald und nutzt
ihren Vorsprung noch mal richtig aus. Auch wenn es unmöglich
scheint, so läuft sie noch schneller, trotz der Seitenstiche und des
schmerzenden Halses.
Das Blau des Himmels ist um ein- zwei
Nuancen heller geworden, man erkennt etwas deutlicher die schwarze
Silhouetten der Bauernhöfe und der vereinzelten Bäume, und die der
Menschen, die zu dieser Tageszeit schon auf der Flucht sind, also
ihre Silhouette.
„Bitte nicht, bitte nicht!“, stößt
sie immer wieder zwischen den Zähnen hervor.
Sie ist schnell, schon nach nicht allzu
langer Zeit hat sie den ersten Bauernhof passiert und überlegt, ob
sie sich dort verstecken sollte, aber dann würden sie sie erst recht
finden.
Sich blickt sich um, auch ihre
Verfolger haben bereits die Waldgrenze passiert und sind ihr dicht
auf den Fersen, aber nicht so nah, als das sie sie entdeckt haben
könnten.
Langsam geht ihr die Puste aus, sie
wird langsamer, kann sich kaum noch dazu durchringen weiterzulaufen.
Verbissen kneift sie die Lippen
zusammen und versucht auch noch die letzten Kraftreserven zu
mobilisieren.
Plötzlich packt sie jemand am Arm,
zerrt sie von ihrer ursprünglichen Richtung fort.
Sie will irgendetwas sagen, den Fremden
anschreien, doch er raunt ihr mit einer ihr wohlbekannten Stimme zu:
„Shht, willst du, dass sie uns entdecken Meya?“
Erleichtert atmet sie auf, es ist nur
Ron.
„Wie hast du mich gefunden?“,
wispert sie.
„Ich wusste, was du vorhattest. Und
du hast es wirklich ganz alleine durchgezogen?“, fragt er
ungläubig.
Der Himmel wird immer heller.
„Wir müssen uns beeilen!“,
flüstert sie.
„Ja, das müssen wir.“ Seine Stimme
ist plötzlich kein Flüstern mehr, er spricht laut und deutlich.
Abrupt bleibt er stehen und stößt den
Laut eines Tieres aus.
Da wird es Meya plötzlich klar. Eine
Falle. Der Mann, den sie all die Jahre bewundert hatte hintergeht
sie.
Adrenalin schießt durch ihren Körper,
besser gesagt, noch mehr Adrenalin. Es verleiht ihr neue Kraft und
neuen Mut. Mit einer schnell Drehung windet sie sich aus dem Griff
seiner starken Hand um ihren Oberarm und rammt ihr Knie in seinen
Bauch. Er flucht und hält sich den Bauch.
Die anderen Männer sind fast
angekommen. Ohne groß zu überlegen rennt Meya los. In irgendeine
Richtung, nur weg von Ron und den anderen.
Sofort setzten sich alle schneller in
Bewegung, versuchen sie zu fangen, aber sie ist flink, weicht den
bulligen Gestalten aus und gibt Vollgas.
Niemals würden sie sich von denen
fangen lassen.
Als sie am nächsten Hof vorbeikommt
sieht sie dort einen Wagen stehen, mit offener Tür und hengendem
Schlüssel.
Wieder denkt sie nicht nach, sondern
springt in das silberne Fahrzeug, schlägt die Tür zu, dreht den
Schlüssel im Zündschloss und gibt Gas.
Sie wendet auf dem Hof und verlässt
ihn in dem Moment, als der Besitzer Händeringend aus dem Haus
gestürmt kommt und versucht das Auto aufzuhalten. Ohne Erfolg.
Meya fährt wie der Henker drauf los,
über Felder und Wiesen. Ihre Verfolger hat sie abgeschüttelt.
Sie waren bereits auf dem Hof und Meya
fuhr einfach mitten durch sie hindurch ohne, dass Jemand sie
aufhalten konnte.
Der Himmel wird weiter hell, auch ihn
kann niemand aufhalten.
Als sie eine Landstraße sieht fährt
sie drauf, biegt ab und fährt in normalem Tempo weiter.
Sie findet den Weg in die nächste
Stadt und lässt den Wagen an einer Tankstelle stehen.
Mit einem Bus fährt sie weiter. Sie
nimmt die Maske ab und zieht die schwarze Mütze mit den Handschuhen
aus, die sie zur Tarnung getragen hatte. Der Bus ist fast leer. Sie
setzt sich nach ganz hinten und öffnet den Beutel, welcher an ihrem
Gürtel hängt.
Im Inneren glänzt und glitzert etwas
rot, wenn Licht hineinfällt.
Mit spitzen Fingern hebt sie ihn ein
Stück an. Den Rubin. Die Farbe ist hinreißend und die Form
einzigartig. Der Stein gehörte ihrer Familie, aber dann wurde er
ihrer Großmutter gestohlen und Meya hat geschworen ihn
zurückzubringen. Ihre Mission ist erfüllt.
An Ron verschwendet sie keinen Gedanken
mehr.
mir gefällt das Design deines Blogs echt gut <3
AntwortenLöschenNett auch, dass du bei mir Leser bist^^
LG Plumblossoms
danke :)
AntwortenLöschenWooww
AntwortenLöschenDas ist supergut geschrieben, ich habe jede zeile verschlungen...du hast das echt toll geschrieben
(ich glaube ich wiederhole mich :-D)
LG die begeisterte Lynn :-)