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Lilly Lindner, aus "Bevor ich falle", S.176

"Da war ich für die Dauer eines Augenblicks wortstill.
Denn schöne Sätze haben einen Ausklang verdient.
Ohne Unterbrechung."

Flügelschlag


„Das ist Magie!“, hauchte sie.
Sobald sie diese Worte ausgesprochen hatte, öffnete sich ihr der Wald, sie spürte es im Blut, dass sie nun willkommen war.
Licht flammte auf, es entsprang direkt ihrem Herzen und umgab sie.
Die Fee öffnete ihre zarten, gelben Flügel.
Sie waren so zart, so dünn, dass sie nur leicht schimmerten und man schemenhaft hindurch sehen konnte.
Durchzogen mit feinen, hellgelben Äderchen.
Ihre schönen, elfenzarte Gesichtszüge waren vollkommen entspannt, als wäre sie soeben ein zweite, viel zu enge Haut losgeworden. Ihr blondes, fast weißes Haar fiel ihr in seidigen Locken über die leicht braun-golden schimmernden Schultern und umrahmte ihr schmales Gesicht.
Das gelbe Kleid, welches ab der Hüfte an den umgedrehten Kelch einer Tulpe erinnerte glitzerte und glänzte golden. Es war schulterfrei.
Sie öffnet die Augen, grün. Grün wie die Wiese, grün wie das Blätterdach des Waldes, durchzogen mit lilanen Äderchen.
Eine Fee der Sonne. Die Macht Pflanzen zu formen, zu erschaffen und ihre Wuchsrichtung zu ändern.
Die Macht Licht zu spenden, Wärme zu geben, Feuer zu entzünden, aber auch, all dies wieder zu nehmen.
Die Fee schlug mit den Flügeln und schwebte wie eine Göttin in den dichten Wald.
„Flora und Fauna öffnen sich dir.“ Eine Lektion, die sie schon früh gelernt hatte.
Die Sonne schien durch die Blätter und warf vereinzelt Strahlen zu Boden.
Die Fee ließ sich zu Boden gleiten, und lief barfuß und elegant weiter.
Sie kannte den Wald wie ihre Westentasche und machnmal war ihr die Westentasche zu klein.
Wenn die Sonne ihre Haut berührte, spürte sie ein Kribbeln auf der Haut, 1000 Ameisen.
Dann juckte es sie in den Fingern, sie wollte diese Energie wieder herauslassen, wollte Neues schaffen, aber sie lief unbeirrt weiter. Die Farbenpracht um sie herum war berauschend, dort gab es alles, Dinge von denen Menschen nicht wagten zu träumen, alle Farben, alle Formen, alle Kombinationen.
Die Fee gelang immer weiter in den Wald hinein, ihr Ziel: das Zentrum, das Herz, ihr Zuhause.
Schon ein paar 100 Meter entfernt spürte sie die Magie des Ortes. Das Kribbeln, immer mehr Blumen und schließlich kamen sie in Sicht. 3 riesen große Bäume, doppelt so groß wie jeder Riese im Land. Die Wurzeln waren so tief in der Erde verankert, dass sie allem standhielten.
Die prächtigen Kronen überragten alles. Nicht mal mit zehn Feen konnte man den dicken Stamm umfassen.
Wie immer, wenn sie längere Zeit fort gewesen war, war sie überwältigt von dem Anblick.
Mit ihr zusammen kamen auch mehr Licht und Wärme auf den Platz. Es war für sie fast unmöglich unbemerkt zu bleiben.
„Nynia!“ Eine kleine grüne Fee des Waldes kam aufgeregt auf sie zugeflattert.
„Was ist Kinya?“ Die kleine Fee hatte grüne schulterlange Haare und eine grünlich schimmernde Haut.
Ihr Kleid war seidig und nur eine Nuance dunkler als ihre Haut und hob sich somit kaum ab.
Ihr Augen waren Lila. Eine normale Fee des Waldes.
„Wir haben ihn gefangen nehmen können.“
„Wen?“ Nynia hatte eine wage Vorstellung, um wen es sich handeln könnte.
Kinya nahm sie an der Hand und zog sie zu dem Platz hinter den Bäumen und da lag er.
Ihr Feind. Der Troll Myst.
Er lag mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden und Seile aus Lianen, verstärkt mit dem Zauber der Feen waren über seinen hässlichen Körper gespannt um ihn ruhig zu halten.
Seine Brust entsprang ein Grollen, als sie näher traten.
Nynia war eine Sonnenfee, und die waren sehr selten, daher wurde sie oft um Rat gefragt.
Sie strich sich das helle Haar aus dem Gesicht und kniete sich hin.
Myst wandte ihr sein warziges braunes Gesicht zu.
„Was ist geschehen?“, fragte sie an die gewandt, die ihn bewachten.
„Er war dabei den Wald zu zerstören, schon wieder. Wir haben ihn ganz am Anfang erwischt, ein paar Waldfeen sind dabei, alles zu rekonstruieren, was er kaputt gemacht hat.“
Nynia nickte.
„Myst, wir haben dir genug Chancen gegeben, ich muss nun die Drachen benachrichtigen, sie werden sich dann um dich kümmern.“
Der Troll fletschte seine fauligen Zähne. „Die Drecksarbeit übernehmt natürlich nicht ihr, ihr, die sich für so toll halten.“
Die Fee schaute ihn nur mitleidig an. „Der Wald ist unser Gebiet, und wir werden es verteidigen, deine Art sollte sich das zu Herzen nehmen und sich von den Pflanzen fernhalten!“
„Bringt ihn weg!“ Die Wächter nickten und schleiften den Troll weg, raus aus dem Wald zu einem abgelegenen Platz dahinter.
Nynia sah ihnen traurig hinterher, dann stieß sie einen schrillen Ton aus, um einen Drachen zu rufen.
Kurz darauf konnte man am Himmel eine schwarze Gestalt ausmachen.
Er landete auf dem Platz, an den man den Troll Myst gebracht hatte.
Nynia stand da und schaute in den dichten Wald.
Ein Schrei hallte durch den ganzen Wald und Schauer liefen den Feen über den Rücken.
Sie blickten zum Himmel. Rauch stieg auf. Dort brannte Myst.
Eine Träne kullerte aus Nynias Auge. Feen waren sehr anfällig für Emotionen.
„Es war richtig“, hörte sie eine gebrochene Stimme hinter sich.
Eine männliche Fee hatte den Platz betreten und stand nun neben ihr.
Er war ihr Vater, ein Kind der Sonne, so wie sie.
Sein Haar war noch weißer als ihres. Er trug Lederhosen aus der Haut der Mastäs. Das waren große Tiere mit gefährlichen Zähnen, die zwischendurch durch den Wald streiften.
Er legte ihr einen Arm um die Schultern und drückte sie sanft.
Seine Flügel waren tief orange.
„So etwas ist niemals richtig“, erwiderte sie und drehte sich um.
Sie betrat den Baum in der Mitte.
Er diente hunderten von Feen als Heim.
Sie wohnte mit Kinya und noch anderen Feen in der Krone.
Als sei oben ankam schwirrten alle um sie herum. Sie war eine der wenigen, die die Gabe besaßen auf die Erde zu gelangen.
„Und wie war es?“, fragte eine Fee des Wassers.
„Schön, aber da ist so wenig Natur. Der Himmel ist so oft von Wolken bedeckt und Niemand achtet auf den anderen. Das ist so anstrengend.“ Um ihr Worte zu unterstreichen streckt sie ihre Flügel.
Sie wusste, sie war ein Vorbild, aber das wollte sie eigentlich gar nicht sein. Sie wollte so sein wie jeder andere, aber das war sie nicht, das würde sie nie sein, sie war und blieb eine Fee der Sonne.

2 Kommentare:

  1. ...Hmm...Hmm...............hm.......................wie soll ich es sagen........deine Geschichte........ist einfach.........BRILLANT...PERFEKT...EIEINZIGARTIG...u.s.w.
    Ich werde sofort weiter lesen<3<3

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  2. Was hab ich gesagt... du hast eine Begabung fürs schreiben :D WOW

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